Stieglitze, auch als Distelfinken bezeichnet, gehören zu den bekanntesten und farbenfrohesten Singvögeln Deutschlands. Sie leben das ganze Jahr über bei uns. Leider sind diese Vögel seltener geworden: Sie finden kaum noch Nahrung.
Aussehen und Größe
1 rote Gesichtsmaske 2 gelber Flügelstreifen 3 schwarz-weiße Flecken auf dem Schwanz
Stieglitze sind nur ca. 12 cm groß und gehören zu den kleinsten Finkenvögeln. Mit ihrer roten Gesichtsmaske, die sich deutlich von dem schwarz-weißen Kopf abhebt, sind die Vögel sehr auffällig und leicht zu erkennen. Die schwarzen Flügel sind von einem gelben Streifen durchzogen. Dieser ist besonders im Flug auffällig. Sehr markant sind auch die schwarz-weißen Flecken auf den oberen Schwanzfedern. Der übrige Vogelkörper ist braun gefärbt. Auf dem Bauch haben Stieglitze hell-beige Federn. Männchen und Weibchen unterscheiden sich kaum. Männchen sind etwas kräftiger gefärbt als die Weibchen und haben eine größere rote Gesichtsmaske. Hier weitere Fotos zum Aussehen dieser hübschen kleinen Vögel:
Nahrung
Die Nahrung der Vögel besteht vor allem aus Sämereien von Wildkräutern, Gräsern, Feldfrüchten (z.B. Raps), Stauden (wie z.B. Karden, Disteln, Sonnenblumen) und Baumsamen (z.B. Birke, Erle oder Samen aus den Zapfen der Nadelbäume). Stieglitze sind fast reine Vegetarier: Nur zur Brutzeit und zur Jungenaufzucht fressen die Vögel auch kleine Insekten, z.B. Blattläuse.
Die Samen der Wilden Karden liegen tief versteckt und durch viele Dornen gut geschützt im Inneren der Blütenköpfe. Um an die Samen der Wilden Karden zu kommen, gehen Stieglitze äußerst geschickt vor. Die Vögel bleiben meistens lange an einem Blütenkopf sitzen und arbeiten sich systematisch von oben nach unten durch. Ihren spitzen Schnabel stecken sie in nahezu jede ehemalige Blüte hinein und trennen gekonnt den Samen von den schützenden Hüllspelzen. Sehr geschickt setzen die Vögel ihren Schwanz, Füße und Schnabel bei der Nahrungssuche ein. Störende Pflanzenteile, wie z.B. die nach oben ragenden Hüllblätter der Karden, biegt der Stieglitz einfach um.
Wenn die Vögel im unteren Teil der Karden fressen, hängen sie oft rücklings an den Blütenköpfen. Einige der Samen, die aus den Blüten herausfallen, fangen sie auf ihrem Bauch auf und picken diese dann auf. Andere Samen fallen auf den Boden: Aus ihnen wachsen neue Pflanzen hervor. Die Vögel tragen so zur Verbreitung der Pflanze bei.
Besonders im Winter sind Karden (und auch andere Stauden) eine wichtige Nahrungsquelle für die kleinen Vögel.
Im Herbst und Winter fressen Stieglitze auch Samen aus den Zapfen der Nadelbäume. Auch hier ist es sehr interessant, zu beobachten, wie die Vögel das genau machen: Die Stieglitze holen sich zunächst mit dem Schnabel die herunterhängenden Zapfen und drehen sie um. Mit den Füßen fixieren sie den Zapfen, um dann mit ihrem Schnabel hinein zu picken und die winzigen Samen herauszuholen.
Einen ausführlichen Bericht von meinen Erlebnissen findest du in meinem Info-Blog unter: Der Stieglitz: bunt, hübsch und bedroht .
Lebensraum und Brutverhalten
Stieglitze bewohnen offenes Gelände mit Baumgruppen, Hecken, Obstgehölze und Brachen. Die Vögel mögen es bunt und vielfältig. Besonders im Herbst und Winter sieht man die Vögel oft auf Brachflächen an Stauden. Für das Überleben der Vögel ist es wichtig, Stauden im Winter stehen zu lassen: Sonnenblumen, Karden und Disteln haben dann nämlich Samen gebildet, von denen sich die Vögel ernähren. Überall dort, wo großer Artenreichtum herrscht, fühlen sie sich wohl.
Stieglitze leben in städtischen sowie in ländlichen Gebieten. In den letzten Jahren sind sie zunehmend aus der freien Feldlandschaft in die Siedlungsräume vorgedrungen. Heute leben mehr als die Hälfte aller Stieglitze im Bereich der Dörfer und Städte.
Stieglitze bauen ihr Nest sehr versteckt in hohen Bäumen. Es besteht aus kleinen Zweigen, Gräsern und Halmen und wird mit Haaren, Moos und Pflanzenwolle (von Disteln oder Pappeln) ausgepolstert. Meistens haben die Vögel zwei Jahresbruten mit 4-5 Eiern, die alleine vom Weibchen bebrütet werden. Das Männchen bringt dem Weibchen in dieser Zeit Nahrung. Nach etwa 14 Tagen schlüpfen die Jungen. Sie sind Nesthocker und schlüpfen blind und nackt aus den Eiern. Die Jungen werden von den Eltern ca. 14 Tage im Nest mit Nahrung versorgt.
Jungvögeln fehlt die charakteristische Gesichtsfärbung.
Zugverhalten
Stieglitze sind sowohl Standvögel als auch Kurzstreckenzieher. Während man einige der Vögel das ganze Jahr über bei uns beobachten kann, ziehen andere im Herbst Richtung Süden. Als Teilzieher überwintern sie vor allem im südlichen Europa.
Verhalten/Besonderheiten
Stieglitze leben das ganze Jahr über in Gruppen zusammen. Nach der Brutzeit schließen sie sich mit anderen Finkenarten zusammen und bilden dann oft große Schwärme aus vielen hunderten Vögeln. Man kann sie dann gemeinsam mit Grünfinken und Bergfinken beobachten.
Der Stieglitz gehört zur Gattung der Carduelis-Finken. Zu dieser Gattung zählt man auch zwei weitere Finkenarten: Grünfink und Erlenzeisig. Allen drei gemeinsam ist viel Gelb am Flügel.
Der Grünfink ist der größte Vertreter dieser Gattung. Wie der Name schon andeutet, hat der Vogel ein überwiegend grünes Gefieder. Der Schnabel ist schmutzig rosa gefärbt. Grünfinken ernähren sich vorwiegend von Sämereien.
Erlenzeisige sind kleiner als Stieglitze. Sie sind gelblich-grün gefärbt und leben hauptsächlich in Nadel- und Mischwäldern. Die Vögel sind klein und quirlig. Oft turnen sie hoch oben in Erlen und Birken auf Nahrungssuche herum. Männchen und Weibchen sehen sehr unterschiedlich aus.
Gefährdung
Stieglitze sind in ihrem Bestand zwar nicht gefährdet (NABU 2022), insgesamt ist aber die Lage der Stieglitze nicht besonders gut. In den letzten 30 Jahren ist die Hälfte aller Stieglitze verschwunden. Besonders durch die Intensivierung der Landwirtschaft verschwinden zunehmend Ackerränder, Brachflächen und Wegränder und damit auch die Nahrungsgrundlage für diese Vögel.
Um auf die Bedrohung dieser Vögel und den Artenverlust in unserer Landschaft aufmerksam zu machen, wurde der Stieglitz 2016 von NABU und LBV zum „Vogel des Jahres“ gewählt. Blühstreifen und „Wilde Ecken“ in den Gärten können den kleinen Vögeln – und im Übrigen auch vielen anderen Tieren – helfen. „Der Stieglitz überlebt nur dann, wenn wir bewusst einmal ein Stück Land unbewirtschaftet und ungespritzt lassen.“ fordert der NABU.
In der Galerie: Wilde Karde findest du viele Fotos von dieser tollen Pflanze, die Stieglitzen und vielen anderen Tieren Nahrung und Lebensraum bietet.
Neben vielen eigenen Beobachtungen wurden für dieses Artenporträt folgende Quellen verwendet:
Wikipedia „Wilde Karden“, Broschüre des NABU – Der Stieglitz - Vogel des Jahres 2016
Vögel in Deutschland - Übersichten zur Bestandssituation (DDA), Vogelbücher: Pareys Vogelbuch & Vögel Mitteleuropas