Polarlicht

In den letzten Tagen des Jahres ist es stürmisch auf der Insel Sommarøy. Sie liegt ca. 50 km westlich von Tromsø, der größten Stadt Nordnorwegens. Die Landschaft ist schneebedeckt. In den wenigen Stunden, in denen es hell wird (obwohl die Sonne unter dem Horizont bleibt und nicht aufgeht), wird die Schönheit der Landschaft sichtbar: Steile Berge säumen die Ränder der unzähligen kleinen Buchten, das Meer leuchtet in grünlichen Farbtönen. Dazu weht ein mäßiger bis starker Wind, der immer wieder neue Wolken heranbringt. Wir (meine Tochter und ich) sind sehr glücklich, dass es an diesem Tag nicht schneit. Wie jeden Tag hoffen wir darauf, dass wir heute endlich Polarlichter sehen (Fotos dieser außergewöhnlichen Landschaft kannst du dir in der Galerie: Winter in Nordnorwegen anschauen).

Polarlicht vom Flugzeug aus

Einen kurzen, sehr imposanten Eindruck hatten wir aus dem Flugzeug bei unserer Anreise. Kurz vor dem Landeanflug in Tromsø tauchten Polarlichter auf. Kräftig grün strahlten sie in der dunklen Nacht – ein Moment zum Staunen!

Wir hoffen, dass wir so einen Moment noch einmal draußen erleben können. Hier auf der Insel wäre der ideale Ort. Nicht zuletzt deshalb haben wir diese Insel als unser Reiseziel ausgewählt. Die Vorhersagen für den heutigen Tag sind gut: sowohl was das Auftreten der Polarlichter angeht als auch die Bewölkung. Denn beides muss stimmen. Kurz nach Mittag, ca. um 14 Uhr zeigen sich erste Wolkenlücken am dunkel werdenden Himmel. Es sind erste Vorboten von dem, was die Wetter-App ankündigt. Aber richtig aufreißen soll es erst um ca. 21 Uhr. Ja, und das heißt warten, warten, warten… Wir verbringen die Zeit mit Essen und Fernsehen schauen. Kurz nach 20 Uhr meldet sich die Polarlicht-App mit ihrem Standard-Text: „Wenn in der nächsten Stunde der Himmel klar ist, können Sie möglicherweise das Polarlicht sehen!“ Es steckt so viel Richtiges und Hoffnungsvolles in diesem Satz. Draußen ist es aber immer noch bewölkt. Wir warten noch knapp eine Stunde: Um kurz vor 21 Uhr gehen wir dann endlich dick eingepackt hinaus. Erstaunt stellen wir fest, dass wir nicht alleine sind. Gefühlt ist das ganze Hotel auf den Beinen. Reger Autoverkehr herrscht in Richtung eines Aussichtsberges, den wir eigentlich auch ansteuern wollten. Nun aber wählen wir kurz entschlossen einen Bootsanleger auf einer kleinen Landzunge ganz in der Nähe des Hotels. Einige wenige Menschen stehen schon hier, aber zum Glück ist der Platz auf dem Bootsanleger noch frei. Wir stehen direkt am Wasser ohne das störende Licht der Straßenlaternen und blicken in den wolkenlosen Sternenhimmel – was für ein Anblick, so unglaublich schön. Nachdem wir unsere Kameras aufgebaut haben, machen wir erste Testaufnahmen.

Wundervoller Sternenhimmel mit ersten Polarlichtern

Wir sind erstaunt, dass leicht grüne „Wolken“ auf unseren Fotos zu sehen sind. Mit bloßem Auge können wir nichts Grünes erkennen. Gespannt schauen wir in Himmel. Nach einer Weile werden es mehr „Wolken“ und sie werden stärker – sie schimmern deutlich grün: Das sind Polarlichter! Ganz unerwartet tauchen sie am Himmel auf, mal links von uns, dann rechts, mal direkt über uns. Mit der Ruhe ist es dahin, wir schwenken unsere Kameras in Richtung der Polarlichter. Schließlich wollen wir sie fotografieren. In der Hektik drehe ich so viel an der Kamera, dass sich die Stativplatte löst und mir die Kamera beinahe abstürzt, was ich aber gerade noch verhindern kann. Nach dem kurzen Schreckmoment ist schnell alles wieder hergerichtet.

Kräftiges Polarlicht über dem Berg

Polarlicht-Band über dem Ort

Imposantes Polarlicht

Polarlicht

Unsere Blicke gehen voller Staunen in den Himmel. Die Stärke der Polarlichter ist kräftiger geworden. Jetzt leuchten sie deutlich grün am Himmel, aber bei Weitem nicht so stark, wie wir es aus dem Flugzeug gesehen haben. Trotzdem ist es faszinierend, ihnen am Himmel zu folgen. Mit schlängelnden tanzenden Bewegungen ziehen einige von ihnen über uns hinweg, ein Schauspiel, das ca. 1-2 Minuten andauert. Andere Polarlichter bilden einen langen dünnen Bogen oder zeigen sich in Tropfenform. Manchmal ist der ganze Himmel von ihrem Grün erfüllt. Manche Polarlichter erscheinen auch in leichten Lila- oder Rottönen. Es ist so wundervoll, in den sternenklaren Himmel zu blicken und die Polarlichter zu erleben. Wir können unser Glück kaum fassen.

Polarlicht  über Sommarøy

 

Polarlicht

Beim Fotografieren gilt es den richtigen Moment abzupassen. Unsere Fotos entstehen durch Langzeitbelichtungen, wir belichten 10 bis 30 Sekunden. Danach rechnen die Kameras ebenso lang, bis sie wieder betriebsbereit sind. Das Ergebnis, das unsere Kameras liefern, ist etwas kräftiger und farbintensiver als wir die Polarlichter draußen erleben. Fantastisch, was dadurch alles sichtbar wird.

Langsam kriecht die Kälte in uns hoch. Der Blick aufs Handy verrät, dass wir schon zwei Stunden hier draußen sind. Trotzdem nur leichte Minusgrade herrschen, haben sich einige Akkus unserer Kameras bereits verabschiedet. Die Kälte lässt sie hier draußen nicht lange arbeiten. Aber zum Glück reicht es noch zum Fotografieren. Wir haben nicht bemerkt, dass die anderen Menschen den Ort bereits verlassen haben. Für uns kommt das noch nicht infrage. Auch wenn sich der Himmel langsam bewölkt, tauchen doch immer wieder neue Polarlichter am Himmel auf. Zu spannend ist es, sie zu beobachten und zu fotografieren. Leider bewölkt es sich schnell an diesem Abend. Der Wind, der den Tag über sehr stürmisch war und jetzt immer noch leicht weht, pustet rasch neue Wolken herbei. Anfangs können wir die Polarlichter hinter der Wolkenschicht noch sehen. Große Teile des Himmels strahlen grün. Dann ebbt das Licht aber leider ab. Die mittlerweile geschlossene Wolkendecke lässt kaum mehr Licht hindurch. Wir verabschieden uns von diesem wundervollen Ort und freuen uns sehr über das so unbeschreiblich schöne Erlebnis. Hoffentlich können wir bald wieder Polarlichter erleben.

Polarlicht hinter den Wolken

Polarlicht hinter den Wolken